Annis Restaurant in den finnischen Wäldern

Wer auf ursprüngliche Zutaten und regionale Köstlichkeiten steht, der wird bei Anni in Finnland sein kulinarisches Glück finden.

Annis Haus liegt mitten im Wald. Genaugenommen liegt alles in diesem Land mitten im Wald. Anni Korhonen lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in der Region Karelien, im Osten des Landes, etwa 500 Kilometer von Helsinki entfernt. Hier leben mehr Wölfe und Bären als Menschen. Gemeinsam mit ihrem Mann betreibt Anni ein kleines Gästehaus. Es steht auf einer lichten Anhöhe, weiter unten glitzert ein See, davor reifen Möhren, Kohl und Salate. „Das Besondere an der finnischen Gastronomie ist, dass wir hier alles aus Bio-Produkten zubereiten, weil wir fast alles selbst anbauen. Wir kaufen nur sehr wenig dazu“, erklärt Anni.

Anni und Hotelzimmer
Anni hat mit ihrem Mann vor einigen Jahren das kleine Haus in den finnischen Wäldern gekauft. Heute vermietet sie hier kleine Zimmer und bekocht ihre Gäste aufs Vorzüglichste mit allem, was im Garten wächst.
Liebevoll eingerichtete Zimmer und der Duft nach frisch Gekochtem

Die blonde Finnin steht im gemütlichen Gastraum ihres Hauses, der mehr einem Wohnzimmer denn einem Restaurant ähnelt. Sie trägt eine blaue Schürze, im ganzen Raum duftet es nach frisch gebackenem Roggenbrot und geschmortem Rindfleisch. Hier, mitten im Wald, vermietet sie einige liebevoll eingerichtete Zimmer und bekocht die Gäste mit allem, was Garten, Wald und Flüsse hergeben: eingelegter Krautsalat mit Möhren, Pilzsalat mit Zwiebelringen, garniert mit Malvenblüten und Stiefmütterchen, und salziger Fisch. Dazu dampfende Eintöpfe, geschmortes Wurzelgemüse und selbstgemachte Kräuterbutter.

Annis Essen
Annis Essen ist ein Blütenmeer. Im Uhrzeigersinn von oben links: Salat mit Malvenblüten, Tomatelsalat mit finnischem Weichkäse, salzig eingelegter Fisch und Krautsalat (unten), darüber gehäckselter Pilzsalat.
Als Vorspeise gibt es Krautsalat mit Möhren und Pilzsalat mit Zwiebeln

Die finnische Küche ist geprägt durch das, was die Natur hergibt: Pilze, Beeren, Fisch, Kräuter und Möhren, Gurken und Fleisch. Die Seen und Flüsse sind reich an Hering und Lachs, die Wälder im Spätsommer voller Blaubeeren. Genehmigungen braucht man nicht, jeder darf ernten, fischen und sammeln. Menschen auf dem Land, wie Anni, tun das selbstverständlich und gehen dabei behutsam mit dem Reichtum der Natur um, sie nehmen sich nur das, was sie brauchen. Nicht mehr.

Anni legt jeden Sommer Vorräte für den langen Winter an

Was nicht natürlich wächst, bauen die Finnen selbst an. Platz gibt es hier schließlich genug: Finnland ist fast so groß wie Deutschland, hat aber nur rund 5,5 Millionen Einwohner. Im Winter liegen die Temperaturen irgendwo zwischen minus 30 und minus 40 Grad, die Sonne schafft es kaum über den Horizont. Da muss man schon im Herbst zusehen, dass die Vorratsschränke gut gefüllt sind. Anni legt Gemüse und Fisch in Salzwasser ein, trocknet Beeren oder konserviert sie mit Zucker. Hier draußen braucht man Energie, daher wird vieles auch in majonäseartige Saucen getaucht oder im Ofen in Öl geschmort. In einem kleinen Regal im Flur des Gästehauses, gleich neben dem Restaurant, bietet sie einige dieser Schätze zum Kauf an.

Annis Hotel
Annis Hotel ist ein Kleinod im finnischen Wald und verspricht Erholung pur.
Um die Winter bei minus 30 Grad zu überstehen, werden die Vorratskammern gefüllt

Nach dem Hauptgang holt Anni ihre Kantele heraus, ein traditionelles, finnisches Saiteninstrument, das sie sich auf den Schoß legt. Sie zupft die Saiten mit ihren runden Fingern und singt für ihre Gäste mit lauter, kräftiger Stimme anmutige Melodien finnischer Volksweisen, die von wundersamen Wesen und alten Sagen erzählen. Nur das Wort Bär komme nie vor, erklärt Anni später. Zu mächtig, zu furchteinflößend sei es. Sie leben in den finnischen Wäldern, 2016 waren es rund 1700 Bären.

Slow Food ist hier kein Lifestyle, sondern alltäglich

Zum Nachtisch reicht Anni einen Tortenberg aus Rhabarber aus dem Garten und Erdbeeren und jeder darf sich selbst ein Stück Küchen herausschneiden, so groß er möchte. Die urbane Sehnsucht nach natürlichem Genuss und Stille wird hier erfüllt. Wer Ruhe und eine Auszeit sucht, vom ständigen Smalltalk, von Meetings und medialer Berieselung, der wird bei Anni durchatmen können. Drumherum nichts als die Weite des Landes, das Summen in den Blumenwiesen, die schier endlosen Wälder, die prächtige Natur, die in den Sommermonaten Millionen von blauen Lupinen erblühen lässt, als hätten Landschaftsgärtner sie in die Wiesen gesetzt. Das knallfrische Grün der Blätter, die artenreiche Tierwelt, die moosüberwachsenen Steine.

Drumherum nichts als endlose Natur und Stille

Wenn man Anni fragt, was sie an ihrem Leben in der Einsamkeit am meisten schätzt, dann sagt sie: die Ruhe. Und sie schätzt die Liebe zum Genuss, zu frischen Zutaten, den verantwortungsvollen Umgang mit der Natur und sieht sich verpflichtet, die traditionellen Rezepte ihrer Mutter und Großmutter weiterzuführen. Und das schmecken die Gäste mit jedem Bissen.

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Die wenigen warmen Tage kann man entspannt auf der Veranda verbringen, bevor der lange, kalte Winter das Land wieder in Besitz nimmt.
Die wenigen warmen Tage kann man entspannt auf der Veranda verbringen, bevor der lange, kalte Winter das Land wieder in Besitz nimmt.

 

 

Fotos: Hejsson

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